Sunday, January 27, 2008

Offenbarung


Foto:D.H.G. Nachmitttagssonne im Januar / Wallberg / Tegernsee




Ich, Johannes,

euer Bruder und Mitgenosse in der Drangsal und dem Königtum und dem Ausharren in Jesus, war auf der Insel, die Patmos genannt wird, um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen.

Ich war an des Herrn Tag im Geist, und ich hörte hinter mir eine laute Stimme wie von einer Posaune,

die sprach: Was du siehst, schreibe in ein Buch und sende es den sieben Gemeinden: nach Ephesus und nach Smyrna und nach Pergamon und nach Thyatira und nach Sardes und nach Philadelphia und nach Laodizea.

Und ich wandte mich um, die Stimme zu sehen, die mit mir redete, und als ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter,

und inmitten der Leuchter [einen] gleich einem Menschensohn, bekleidet mit einem bis zu den Füßen reichenden Gewand und an der Brust umgürtet mit einem goldenen Gürtel;

sein Haupt aber und die Haare [waren] weiß wie weiße Wolle, wie Schnee, und seine Augen wie eine Feuerflamme

und seine Füße gleich glänzendem Erz, als glühten sie im Ofen, und seine Stimme wie das Rauschen vieler Wasser;

und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne, und aus seinem Mund ging ein zweischneidiges, scharfes Schwert hervor, und sein Angesicht [war], wie die Sonne leuchtet in ihrer Kraft.

Und als ich ihn sah, fiel ich zu seinen Füßen wie tot. Und er legte seine Rechte auf mich und sprach: Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte

und der Lebendige, und ich war tot, und siehe, ich bin lebendig in alle Ewigkeit und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.

Schreibe nun, was du gesehen hast und was ist und was nach diesem geschehen wird!

[Was] das Geheimnis der sieben Sterne, die du auf meiner Rechten gesehen hast, und die sieben goldenen Leuchter [betrifft]: Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden.

Offenbarung des Johannes 1, 9-19






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Publikum


Foto: D.H.G. Golden Gate Bridge / San Francisco / Kalifornien/ USA




Kurt Tucholsky:



An das Publikum

O hochverehrtes Publikum,
sag mal: bist du wirklich so dumm,
wie uns das an allen Tagen
alle Unternehmer sagen?
Jeder Direktor mit dickem Popo
spricht: "Das Publikum will es so!"
Jeder Filmfritze sagt: "Was soll ich machen?
Das Publikum wünscht diese zuckrigen Sachen!"
Jeder Verleger zuckt die Achseln und spricht:
"Gute Bücher gehn eben nicht!"
Sag mal, verehrtes Publikum:
bist du wirklich so dumm?

So dumm, dass in Zeitungen, früh und spät,
immer weniger zu lesen steht?
Aus lauter Furcht, du könntest verletzt sein;
aus lauter Angst, es soll niemand verletzt sein;
aus lauter Besorgnis, Müller und Cohn
könnten mit Abbestellung drohn?
Aus Bangigkeit, es käme am Ende
einer der zahllosen Reichsverbände
und protestierte und denunzierte
und demonstrierte und prozessierte ...
Sag mal, verehrtes Publikum:
bist du wirklich so dumm?

Ja, dann ...
Es lastet auf dieser Zeit
der Fluch der Mittelmäßigkeit.
Hast du so einen schwachen Magen?
Kannst du keine Wahrheit vertragen?
Bist also nur ein Grießbrei-Fresser -?
Ja, dann ...
Ja, dann verdienst dus nicht besser.

(von 1931)






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Friday, January 18, 2008

Ein Gelehrter

Foto: D.H.G. Engel am Fenster/ Bad Wiessee/Terrassenhof



Amor, ein Gelehrter


Amor ist der Schul' entlaufen,
Dem Donatus und der Ruthe.
Laßt ihn laufen, laßt ihn tollen!
Denn er wird euch doch nichts lernen,
Als was seine Mutter ihm
Schon zum Taufgeschenk gegeben,
Als sie Amor ihn benannte.
Liebe heißt er, Liebe treibt er,
Liebe lernt er, Liebe lehrt er,
Und er ist mit dieser Weisheit
Also übervoll geladen,
Daß er allen Schriftgelehrten
Kann was aufzurathen geben;
Und sie werden sich darüber
Ihre Köpfe baß zerbrechen.


Wilhelm Müller (1794-1827)






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