Friday, April 1, 2011

Römische Reiselust



Foto: D.H.G. Aquarell von Hans-Ulrich Schmidt Rom 1998




O wie fühl' ich in Rom...



O wie fühl' ich in Rom mich so froh! gedenk' ich der Zeiten,

Da mich ein graulicher Tag hinten im Norden umfing,

Trübe der Himmel und schwer auf meine Scheitel sich senkte,

Farb- und gestaltlos die Welt um den Ermatteten lag

Und ich über mein Ich, des unbefriedigten Geistes

Düstre Wege zu späh'n, still in Betrachtung versank.

Nun umleuchtet der Glanz des helleren Äthers die Stirne;

Phöbus rufet, der Gott, Formen und Farben hervor.

Sternhell glänzet die Nacht, sie klingt von weichen Gesängen,

Und mir leuchtet der Mond heller als nordischer Tag.

Welche Seligkeit ward mir Sterblichem! Träum' ich? Empfänget

Dein ambrosisches Haus, Jupiter Vater, den Gast?

Ach! hier lieg' ich und strecke nach deinen Knien die Hände

Flehend aus. O vernimm, Jupiter Xenius, mich!

Wie ich hereingekommen, ich kann's nicht sagen; es faßte

Hebe den Wandrer und zog mich in die Hallen heran.

Hast du ihr einen Heroen herauf zu führen geboten?

Irrte die Schöne? Vergib! Laß mir des Irrtums Gewinn!

Deine Tochter Fortuna, sie auch! die herrlichsten Gaben

Teilt als ein Mädchen sie aus, wie es die Laune gebeut.

Bist du der wirtliche Gott? O dann so verstoße den Gastfreund

Nicht von deinem Olymp wieder zur Erde hinab!

"Dichter! wohin versteigest du dich?" Vergib mir! der hohe

Kapitolinische Berg ist dir ein zweiter Olymp.

Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später,

Cestius' Mal vorbei, leise zum Orkus hinab!



J.W.Goethe Gedichte Elegien VII






Marmorskulptur der Tyche ( Fortuna ) aus Antiochien / berühmtestes Werk des Eutychides

Römische Kopie nach einem griechichschen Original aus Bronze

(Vatikanische Museen)

( Es zeigt die Göttin auf einem Fels sitzend, bekrönt von einer mit Türmen verstärkten Stadtmauer, den personifizierten Fluss Orontes zu ihren Füßen.)







Foto: D.H.G. Aquarell von Hans-Ulrich Schmidt Rom 1998




Der Chinese in Rom

Einen Chinesen sah ich in Rom; die gesamten Gebäude

Alter und neuerer Zeit schienen ihm lästig und schwer.

"Ach!" so seufzt' er, "die Armen! ich hoffe, sie sollen begreifen,

Wie erst Säulchen von Holz tragen des Daches Gezelt,

Daß an Latten und Pappen, Geschnitz und bunter Vergoldung

Sich des gebildeten Aug's feinerer Sinn nur erfreut."

Siehe, da glaubt ich, im Bilde so manchen Schwärmer zu schauen,

Der sein luftig Gespinst mit der soliden Natur

Ewigem Teppich vergleicht, den echten, reinen Gesunden

Krank nennt, daß ja nur er heiße, der Kranke, gesund.

J.W. Goethe




Foto: D.H.G. Aquarell von Hans-Ulrich Schmidt Rom vom St.Peter 1998



DOR-SCH Zusammenfassung

DOR-SCH Posts alphabetisch

DOR-SCH Posts chronologisch







Statistics