Thursday, December 3, 2009

Atatürk ist tot, es lebe Atatürk!

Mustafa Kemal, seit 1934 Atatürk (* 1881, † 1938) war der Begründer der Republik Türkei und erster Präsident der nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Osmanischen Reich hervorgegangenen Republik.

Seine Verdienste als Offizier während und nach dem Ersten Weltkrieg haben ihn zur Symbolfigur türkischen Selbstbehauptungswillens und Nationalstolzes werden lassen. Er trieb die Modernisierung seines Landes nach westlichem Vorbild beharrlich voran, schuf Sultanat und Kalifat ab, führte weitreichende gesellschaftliche Reformen durch. 1934 verlieh ihm das türkische Parlament den Nachnamen „Atatürk“ (Vater der Türken).

http://de.wikipedia.org/wiki/Mustafa_Kemal_Atat%C3%BCrk






Foto: D.H.G. Denkmal von Atatürk (Istanbul) , Vater der Türken



Mustafa Kemal leitete Schritte zur Frauenemanzipation ein, wie die in einer Neuordnung des ehelichen Scheidungsrechts, in der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau, in der Förderung einer höheren Schulbildung und im Universitätszugang auch für Mädchen und Frauen zum Ausdruck kam und begann damit eine Umwälzung gesellschaftlicher Strukturen.


Von grundlegender gesamtgesellschaftlicher Bedeutung war die Einführung des aktiven und passiven Frauenwahlrechts. Seit 1930 konnten Frauen an Kommunalwahlen teilnehmen, seit 1934 auch an den Parlamentswahlen….Frankreich, Italien und die Schweiz führten erst nach der Türkei das Frauenwahlrecht ein.



Mustafa Kemal erreichte die Abschaffung des bis dahin geltenden Zivilgesetzbuches (Mecelle), welches sich weitgehend auf islamische theokratische Regelungen stützte (Schari´a). Dieses Gesetzbuch wurde am 4. Oktober 1926 durch das neue türkische Zivilgesetzbuch, das das Schweizerische Zivilgesetzbuch zum Vorbild hatte, ersetzt.



Der Kemalismus, die von Atatürk begründete politische Bewegung, sollte die Türkei in politischer und kultureller Hinsicht an Europa angliedern.


Er lehnte den Islam als ideologische Grundlage des Staates ab.



Für die Frauen hatte diese Erneuerung weitreichende Konsequenzen. Nahezu jeder Bereich des täglichen Lebens und der sozialen und politischen Rahmenbedingungen wurde durch die Abschaffung des alten osmanischen Rechts und die Einführung der neuen Gesetze beeinflusst.

So wurde beispielsweise die Polygamie verboten, die Zivilehe zur Norm erhoben, beiden Ehepartnern das Scheidungsrecht zuerkannt und die weiblichen Rechte den männlichen im Erbrecht , im Eigentumsrecht und im Vormundschaftsrecht angeglichen.



Im Sinne des laizistischen Prinzips des Kemalismus wurde eine strenge Trennung von Religion und Politik durchgesetzt. Außerdem wurden die Bildungsstätten säkular erneuert und die höheren Schulen erstmals auch für Frauen geöffnet.



Ein weiterer Grund für Atatürks Betonung der weiblichen Rechte, besonders des Rechts auf Bildung, bestand darin, dass er für eine erfolgreiche, langfristige Modernisierung des Landes eine fortschrittliche Erziehung der Kinder als unverzichtbar erkannte.


Frauen sollten vermehrt Bildung genießen dürfen, weil die Einstellung und Kompetenzen der späteren türkischen Bürger seiner Meinung nach großenteils von der erzieherischen Qualifikation der Mütter und Lehrerinnen abhing.



Aus allen öffentlichen Gebäuden hatte das Kopftuch zu verschwinden. Im Parlament, in Schulen, Behörden, Universitäten wurden Musliminnen mit Kopftuch nicht geduldet.



Staat und Religion sollten klar getrennt sein






Istanbul 1960 Straßenbild wie in anderen europäischen Metropolen auch



"For mothers of today it is a must to be equipped with all the good qualities needed in order to bring up knowledgeable children so as to make them active participants in today’s life. That is why our women have to be well informed, experienced, and learned, even more than our men. They have to be so if they really want to be the mothers of the country.”


Unsere Frauen sind empfindsam und von Geist beseelt wie wir auch. Benötigen sie noch unsere selbstsüchtige Aufsicht? Lassen wir sie ihre Gesichter der Welt zeigen und lassen wir sie die Welt sorgfältig betrachten. Es gibt nichts, was wir dabei zu fürchten hätten."



Atatürk 1925





Atatürk mit Schülerinnen


Wenn nicht Männer und Frauen gemeinsam für ein Ziel marschieren, sind die wissenschaftlichen und technischen Voraussetzungen für eine moderne Zivilisation nicht geschaffen.



Mausoleum Atatürks (Anitkabir)





Foto: D.H.G. Atatürk-Denkmal im Bahnhof Istanbul Sirkeci mit der Aufschrift

„ Ne mutlu Türküm diyene“ (Glücklich derjenige, der sich Türke nennt)



"The name of Atatürk brings to mind, the historic accomplishments of one of the great men of this century."


(Der Name Atatürk ruft die historischen Leistungen eines bedeutenden Mannes dieses Jahrhunderts ins Gedächtnis.)

John F. Kennedy in Washington D.C. 1963, zur Feier des 25. Todestages Atatürks.



Wie auch wir Deutschen, so wird die ganze Welt am 10. November das Leben und die Werke eines Freundes, dem wir mit Hochachtung und Anerkennung verbunden sind, bedenken. Als Soldat ist Atatürk aus unerbittlichem und manchmal sogar hoffnungslosem Kampf als Sieger hervorgegangen und hat anschließend die Staatsverantwortung auf sich genommen. Die Proklamation der Türkischen Republik am 29. Oktober 1923 ist ein Werk eines diplomatischen Genies. Einige Traditionen, Bräuche und Sitten aus der Vergangenheit, die die demokratische Entwicklung des türkischen Staates verhinderten, mussten geändert oder abgeschafft werden. Er besaß mutige und entschlossene Ideale und begann seine unermüdlichen schöpferischen Werke zu verwirklichen. Atatürk hat mit den Deutschen traditionelle, herzliche und auf gegenseitigem Respekt beruhende Beziehungen aufgenommen und fortgesetzt.

Ludwig Erhard
1949 – 1963 Wirtschaftsminister der BRD; 1963 – 1966 Kanzler der BRD



http://www.historyofturkey.com/ataturk/





Atatürk an einem Mädchengymnasium



Atatürk mit Familie vor 80 Jahren


http://www.ayrancilisesi.k12.tr/resimler/ATA/slides/ATA%20(5).html



Staatspräsident Abdullah Gül mit Gattin


Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan mit Gattin



Foto: D.H.G.

Bosporus- Brücke verbindet Europa (links) und Asien

Brückenschlag zum Westen unter Atatürk



Heute will die Türkei in die EU und verabschiedet sich gleichzeitig von abendländischen Errungenschaften wie u.a. der Gleichberechtigung der Frau.

Das Straßenbild Istanbuls hat sich z.B. gewandelt seit einigen Jahren, Kopftücher, sogar schwarze Ganzkörperverschleierung nimmt zu.



Foto: D.H.G. Istanbul 2009



Zu Beginn des 21. Jahrhunderts verwischte die von Atatürk geschaffene Trennung zwischen Religion und Staat wieder, vor allem durch die den Machtzuwachs der AKP, einer politischen Partei mit klarem muslimischem Bekenntnis, die seit 2002 den Ministerpräsidenten Erdogan stellt.




Heute sehen große Teile der türkischen Bevölkerung unter Berufung auf Atatürk das Kopftuch als Erkennungszeichen des politischen Islam, der das westlich-demokratische Wertesystem nicht anerkennen will. Hier findet sich eine Religionsauffassung, die den Glauben über alles andere stellt und als zentrales Leitsystem des Menschen betrachtet. Europa hat die Trennung von Religion und Staat/Gesellschaft schon hinter sich, das können viele Muslime in Europa nicht akzeptieren.




Foto: D.H.G. Istanbul 2009

„Es ist leicht, aus der Ferne und ohne eigene Betroffenheit das
Kopftuch zu tolerieren. Für mich ist das jedoch keine Toleranz, sondern
Ignoranz. Das Kopftuch und der Tschador symbolisieren in meinen Augen
die Unterwerfung der Frau. …



Seyran Ateş





Foto: D.H.G. Istanbul 2009


Frauen haben in zahlreichen muslimischen Ländern (z.B. Iran, Saudi-Arabien, Sudan,
Afghanistan) mit erheblichen Repressionen zu rechnen, wenn sie dem dort geltenden Schleierzwang nicht Folge leisten.




Foto: D.H.G. Istanbul 2009




Foto: D.H.G. Istanbul 2009




Foto: D.H.G. Istanbul 2009




Foto: D.H.G. Installation am Bahnhof Istanbul Sirkeci /Istanbul

Quo vadis, Türkei?



Foto: D.H.G. Bahnhof Istanbul Sirkeci /Istanbul

http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,535011-2,00.html

"Eine Islamisierungswelle schwappt durch das Land. Frauen ohne Kopftuch werden es künftig sehr schwer haben."

http://www.welt.de/politik/article913046/Seit_Erdogan_regiert_haben_es_Frauen_schwer.html

„Es gibt immer weniger Frauen in verantwortungsvollen Positionen, seit die AKP regiert.

Diejenigen, die sich noch halten, sehen sich in den Behörden ganz neuen Sitten gegenüber. Die neu eingesetzten Funktionäre tragen Schnurrbart, schütteln ihnen nicht die Hand, blicken ihnen nicht in die Augen, wenn sie mit ihnen sprechen, und rügen zuweilen ihren Kleidungsstil.“



Foto: D.H.G. Bahnhof Istanbul Sirkeci /Istanbul



Die Sozialwissenschaftlerin Zühal Yeşilyurt Gündüz meint, dass z.B. die Jahrhunderte lange Geschlechtertrennung im Arbeits-, Bildungs- und familiären Situationen oder auch die Verschleierung nur dann zu verstehen sind, wenn deren tiefer liegende Funktionen betrachtet werden.

Der Zweck der geschlechtsspezifischen Restriktionen ist die absolute Kontrolle über die weibliche Sexualität.

Frauen sind Mechanismen für den Schutz der kulturellen Grenzen der Gemeinschaft. Folglich sind sie die Wächter und sozialen und biologischen Träger der Tradition, der Gemeinschaft und der kollektiven Identität.“

Frauen werden demzufolge nicht in erster Linie als Individuen gesehen, sondern als Trägerinnen einer Gruppenidentität, die unter allen Umständen geschützt werden muss. In der islamischen Lehre wird der Mann als Spender der Lebenskraft (Samen) gesehen, die ihm die göttliche Macht gegeben hat.

„Die Frau dagegen ist das Land, auf den der Samen gelegt wird. Der Frauenkörper symbolisiert das Haus des Mannes, das Dorf, die Nation. Daher muss die Frau verschlossen werden durch eine Verhüllung, die zeigt, dass sie, genauso wie das Haus, Dorf oder die Nation, geschützt wird und einen Besitzer hat. Folglich schlägt die Entschleierung der Frauen auf den Kern der tief sitzenden Ideen über die persönliche, Gruppen- und nationale Identität. So wird der Frauenkörper mit politischer Bedeutung beladen, da der Islam auf sie die Bürde auferlegt, die Gruppenidentität zu tragen.“

Dementsprechend wird eine Frau mit Schleier als „geschlossen“ (kapalı) bezeichnet, ist ihr Kopf unbedeckt gilt sie als „offen“ (açık), was auch ihre Verfügbarkeit gegenüber Männern impliziert. Der Vater in streng islamischen Familien gibt die Kontrolle über die weibliche Sexualität nach der Heirat seiner Tochter an deren Ehemann weiter. Spiegelbildlich muss die gesellschaftliche Ordnung vor der weiblichen Sexualität geschützt werden, da durch diese das Entstehen von Chaos befürchtet wird. Daher wirkt die Verschleierung der Frauen auf zwei Ebenen: einerseits soll die Keuschheit und Unberührbarkeit der Frau gegenüber den Männern signalisiert und bewahrt werden und zweitens sollen die Männer durch den Schleier vor der weibliche sexuellen Attraktivität und der damit vermeintlich verbundenen Gefahr geschützt werden.




http://wapedia.mobi/de/Frauenrechte_in_der_T%C3%BCrkei

"Weltgebärtag" in der Türkei -- Erdogan: 3 Kinder sind nicht genug!

Kulturkampf in der Türkei

http://www.monde-diplomatique.de/pm/.dossier/tuerkei_artikel.id,20071109a0018

"Frauen, Kinder, Alte und Behinderte sind Gruppen, die besonderen Schutz brauchen"

Islamische Menschenrechte

Scharia

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