Idylle - Ammersee im April
Foto: D.H.G. Ammersee / Uttinger Ufer
Segelschiffe
Sie haben das mächtige Meer unterm Bauch
Und über sich Wolken und Sterne.
Sie lassen sich fahren vom himmlischen Hauch
mit Herrenblick in die Ferne.
Sie schaukeln kokett in des Schicksals Hand
Wie trunkene Schmetterlinge.
Aber sie tragen von Land zu Land
Fürsorglich wertvolle Dinge.
Wie das im Wind liegt und sich wiegt,
Tauwebüberspannt durch die Wogen,
Da ist eine Kunst, die friedlich siegt,
Und ihr Fleiß ist nicht verlogen.
Es rauscht wie Freiheit. Es riecht wie Welt. -
Natur gewordene Planken
Sind Segelschiffe. - Ihr Anblick erhellt
Und weitet unsre Gedanken.
Joachim Ringelnatz
Foto: D.H.G Uferweg von Utting nach Schondorf Frühling ist wieder gekommen Frühling ist wieder gekommen. Die Erde Streng war ihr Lehrer. Wir mochten das Weiße Erde, die frei hat, du glückliche, spiele O, was der Lehrer sie lehrte, das Viele, |
Rainer Maria Rilke
Foto. D.H.G. Im Biergarten "Alte Villa" in Utting
Nicht so sehr der neue Schimmer tats,
dass wir meinen, Frühling mitzuwissen,
als ein Spiel von sanften Schattenrissen
auf der Klärung eines Gartenpfads.
Schatten eignet uns den Garten an.
Blätterschatten lindert unsern Schrecken,
wenn wir in der Wandlung, die begann,
uns schon vorverwandelter entdecken.
Rainer Maria Rilke
MISSISSIPPI JAZZMEN
http://mississippi-jazzmen.rapina.de/
Frühling am See
Wind und Wellen
in unruhigem Spiel.
Zartblau der Himmel
mit lichtem Gewölk,
die Weiden im zartesten Grün.
Auch über dem See
leuchtet goldgelb Gehölz.
Der Lenz drängt mit
unbändiger Freude zu blühen,
was immer zur Blüte
entfalten sich mag.
Die Sonne schickt bündelweise
ihr strahlendes Licht,
das tausendfach
in den silbernen Wellen
sich bricht
Frühling am See!
Rüegg
Foto: D.H.G Ammerseeufer zwischen Utting und Schondorf.
ZEIT MEINES REICHTUMS
Sieben Wochen meines Lebens war ich reich.
Vom Ertrag eines Stückes erwarb ich
Ein Haus in einem großen Garten. Ich hatte es
Mehr Wochen betrachtet, als ich es bewohnte. Zu
verschiedenen Tageszeiten
Und auch des Nachts ging ich erst vorbei, zu sehen
Wie die alten Bäume über den Wiesen stünden in der
Frühdämmerung
Oder der Teich mit den moosigen Karpfen lag, vormittags,
bei Regen
Die Hecken zu sehen in der vollen Sonne des Mittags
Die weißen Rhododendrenbüsche am Abend, nach dem
Vesperläuten.
Dann zog ich ein mit den Freunden. Mein Wagen
Stand unter den Fichten. Wir sahen uns um: von keiner
Stelle aus
Sah man dieses Gartens Grenzen alle, die Neigungen der
Rasenflächen
Und die Baumgruppen verhinderten, dass die Hecken sich
erblickten.
Auch das Haus war schön. Die Treppe aus edlem Holz,
sachkundig behandelt
Flachstufig mit schönmaßigem Geländer. Die geweißneten
Stuben
Hatten getäfelte Hölzer zur Decke. Mächtige eiserne
Öfen
Von zierlichster Gestalt trugen getriebene Bildnisse:
arbeitende Bauern.
In den kühlen Flur mit den eichenen Bänken und
Tischen
Führten starke Türen, ihre Erzklinken
Waren nicht die erstbesten, und die Steinfliesen um das
bräunliche Haus
Waren glatt und eingesunken von den Tritten
Früherer Bewohner. Was für wohltuende Maße! Jeder
Raum anders
Und jeder der beste! Und wie veränderten sich alle mit
den Tageszeiten!
Den Wandel der Jahreszeiten, sicher köstlich, erlebten
wir nicht, denn
Nach sieben Wochen echten Reichtums verließen wir das
Besitztum, bald
Flohen wir über die Grenze.
Berthold Brecht/1928 / in Utting am Ammersee
Will dir den Frühling zeigen…
Will dir den Frühling zeigen,
der hundert Wunder hat.
Der Frühling ist waldeigen
und kommt nicht in die Stadt.
Nur die weit aus den kalten
Gassen zu zweien gehn
und sich bei den Händen halten -
dürfen ihn einmal sehn.
Rainer Maria Rilke
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