Monday, December 8, 2008

Eisige Zeiten für Kinder

Foto: D.H.G. Grönland-Gletscher





Der Hauptteil des Ehrgeizes und Lebensinteresses meiner Eltern galt ihren Kindern, meinen zwei Schwestern und mir. Ich wuchs mit dem fördernden Gefühl auf, dass Menschen mich wichtig nahmen und für mich Sorge trugen. Darin sehe ich das Glück, denn dieses Gefühl gibt dem Menschen ein Fundament für Ruhe und Gelassenheit, das ihn vor mancher hässlichen Gier schützt.

Franz Werfel




„Heute leben gerade einmal noch 39 Prozent der Bevölkerung in einer klassischen Familie – Tendenz stark abnehmend. Das verpflichtungsfreie Single-Dasein hingegen erlebt einen unvergleichlichen Boom. Auch alternative Familienformen – das heißt alleinerziehend, unverheiratet, gleichgeschlechtlich – erfreuen sich wachsender Beliebtheit. In Großstädten wächst bereits annähernd jedes zweite Kind in solchen alternativen Familienersatzstrukturen auf. Wie selbstverständlich nehmen wir es hin, dass mittlerweile jede dritte Ehe geschieden wird. Was einstmals ein Bund fürs Leben war, ist heute häufig nicht mehr als eine auf Zeit angelegte Zweckgemeinschaft zur Gewinn- und Lustoptimierung. Treue, Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Selbstaufopferung bleiben dabei auf der Strecke – ist das das „Gute“ an Achtundsechzig?“



"Selbstverwirklichung ist zum neuen Zauberwort unserer Zeit geworden. Die Frau, die es wagt, ihre berufliche Karriere zugunsten der Familie aufzugeben, die es vielleicht sogar wagt, ihre Erfüllung in der Mutterrolle zu sehen, wird als Heimchen diffamiert und riskiert ihr gesellschaftliches Ansehen. In einer solchen Atmosphäre erfährt auch die Abtreibung als Mittel einer selbstbestimmten Lebensplanung zunehmend gesellschaftliche Akzeptanz – ganz nach dem Hippie-Mantra: „Mein Bauch gehört mir“. Zugleich gelang es den Achtundsechzigern, die Großfamilie als Regelfall endgültig zu desavouieren. Das generationsübergreifende Band zwischen Kindern, Eltern und Großeltern wurde mit dem Aufstand der Jugend gekappt. Galten ältere Menschen früher noch als weise und lebenskluge Ratgeber, kann heute scheinbar problemlos auf sie verzichtet werden. Alte und Gebrechliche werden aus unserem Lebensalltag verbannt und abgeschoben. Sie belasten und sind überflüssig. Auch hierfür hatten die Achtundsechziger die passende Losung zur Hand: "Trau keinem über dreißig." "



„Kinder sollten zu freien Menschen heranwachsen – in der Achtundsechziger-Ideologie bedeutete dies vor allem Freiheit von Erziehung. Die antiautoritäre Erziehung in den Kinderläden leugnete das Bedürfnis der Kinder nach Regeln, Grenzen und einer lenkenden elterlichen Hand. Wie eine Gesellschaft aussieht, die es verlernt hat, wie man die eigenen Kinder erzieht und wie man Regeln benennt, wird uns täglich vor Augen geführt: Intellektuelle Verwilderung, Verrohung der Sitten, Verlust von Anstand und Manieren, Egozentrik. Die zunehmende Jugendgewalt und das sinkende Alter der Straftäter sind auch Ausweis für das Versagen der Erzieher…………. Die gleichmacherische Gesamtschulromantik, der Verzicht auf Leistung und die Verweigerung eines einheitlichen Bildungskanons haben dazu geführt, dass über die Jahrzehnte unendlich viel an Kulturwissen verloren gegangen ist. Die Ideologen der Studentenbewegung haben auch hier für einen intellektuellen Kahlschlag gesorgt. Die Folgen sind Geistesarmut und Mittelmaß.“

Jörg Schönbohm




Foto: D.H.G. Grönland-Gletscher











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