Thursday, November 6, 2008

Umgang

Collage: D.H.G. / Schopenhauers Stachelschweine




Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten Wintertage recht nah zusammen, um durch die gegenseitige Wärme sich vor dem Erfrieren zu schützen.

Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln, welches sie dann wieder voneinander entfernte. Wann nun das Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher
zusammen brachte, wiederholte sich jenes zweite Übel, so dass sie zwischen beiden Leiden hin und hergeworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.


So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder voneinander ab.
Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Zusammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu;“Keep your distance!“ Vermöge derselben wird zwar das Bedürfnis gegenseitiger Erwärmung nur unvollkommen befriedigt, dafür aber der Stich der Stacheln nicht empfunden. Wer jedoch viel eigene innere Wärme hat, bleibt lieber aus der Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben noch zu empfangen.










Parerga und Paralipomena



Kleine philosophische Schriften, Arthur Schopenhauer, 1851

Gleichnisse, Parabeln und Fabeln/§396




Foto: D.H.G. Freundinnen in Hanalei/ Kauai/ Hawaii
Aloha Spirit




"Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er
sich das Wohlsein anderer Menschen denkt)
glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine
Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm
selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit
anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, .... nicht
Abbruch tut." ("Über den Gemeinspruch", 1793)


Immanuel Kant (1724-1804):
Orientierung an Freiheit statt Glückseligkeit










Poesie & Politik  & Positionen











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