Saturday, December 13, 2008

Adventurus






Foto: D.H.G. Adventskranz / Ehemalige Augustiner Chorherrenstiftskirche/jetzt Pfarrkirche

St. Peter und St. Paul



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Advent bedeutet Ankunft,

»Adventurus« wäre der, der da kommen wird oder kommen soll.


Und man hat gesagt, wir erwarten eine dreifache Ankunft, oder erinnern uns daran.
Wir erinnern uns an die Erwartung der Menschheit - präsentiert im Auserwählten Volk in Israel -, die Erwartung des Erlösers,
und dann unsere eigene Erwartung auf Weihnachten hin. Angelus Silesius hat ungefähr gesagt: »Und wäre Jesus tausendmal in Bethlehem geboren und nicht in dir, so wärst du doch verloren. «
Und schließlich die dritte Ankunft: Am Ende der Welt. Diese Erwartung hat die Urkirche sehr geprägt. Es war ein Stoßgebet, in der Apokalypse aufgezeichnet: »Maranata« = Komm Herr!
Wir haben diese Erwartung - wenn auch nicht mehr als Nah-Erwartung, wie damals - auch in unserem Glauben, im Credo und in der Liturgie. In jedem apostolischen Credo beten wir: »Von Gott wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. « Und im großen Credo heißt es: »Er wird kommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten. « Und Sie sagen - nach jeder Wandlung - wir feiern das Gedächtnis des Todes, bis ER kommt. Und nach dem Vaterunser ist ein Gebet, wo es heißt: »Damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Herrn Jesus Christus erwarten. «

Die Rückfrage ist: Glauben wir das?


Natürlich könnte man sagen ja, kein Problem, dass die Welt ein Ende nimmt (und christlich), dass dann Christus kommt. Aber glauben ist mehr als Abnicken eines Satzes. Nur was mein Leben prägt, glaube ich wirklich im christlichen Sinn. Und dann wäre die Frage:

Prägt der Blick auf das Wiederkommen Jesu mein Leben?


Abgesehen davon, dass man hier durchspielen könnte, wie man sich sogenannte Glaubensschwierigkeiten konstruieren kann. »Wenn er auf den Wolken des Himmels wiederkommt«, da müssen wir die Vorstellung schon ausschalten - wenn er auf den Wolken in Dachau käme, würde man in Rosenheim nichts davon merken, geschweige denn in Australien! Es ist also da schon deutlich, dass man begreifen muss, Bildersprache und nicht Polizeiprotokoll wird geliefert, aber in der Bildersprache immerhin doch die Wiederkunft Jesu. Und ich wiederhole die Frage: Glauben wir das? Nämlich: Prägt das unser Leben?

Wer rechnet ernsthaft, dass er den Weltuntergang erlebt?
Einige Sekten tun das (Adventisten) und die müssen sich dann immer wieder mal korrigieren und sagen, es war Falschmeldung; er kommt jetzt doch noch nicht. Und bei Katholiken, wenn es das gibt, dann sind das eher - pardon - leichte Spinner, die das kommende Weltende als bevorstehend sehen.

Wir haben unsere Ängste um die Welt.


Wir sind in der Lage, zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte nach der Erfindung oder Entdeckung der Atomkraft, die ganze Welt unbewohnbar zu machen. Nur, wir sollten uns nicht einbilden, das könnte man als Weltende bezeichnen. Schon Saturn und Pluto, unsere Planeten, würde das überhaupt nicht berühren, wenn man das Leben auf der Erde ausrottete, geschweige denn die Millionen von Milchstraßen! Da ist der Mensch ein wirklich ohnmächtiges Würmchen! Wir sagen »Welt« und meinen damit unsere Erde. Aber der Welt können wir nichts antun, die ist völlig unserem Zugriff entzogen. Dann ist aber die Frage - Petrusbrief, gerade gehört -, was soll das heißen, es wird alles zusammenfallen, in Feuer und Rauch vergehen, »prasselnd wird der Himmel vergehen«? Wieso trifft das unseren Glauben, vor allen Dingen eben, wenn man keinen Zeitpunkt ansetzt? Und davor warnt selbst die Schrift: »Niemand kennt den Tag, noch die Stunde. «
Eine Wahrheit, die (weil sie auch die Naturwissenschaft bestätigt) gar keine Glaubenswahrheit im engeren Sinn ist, heißt:

»Es wird von dieser Erde nichts übrig bleiben. «


Man schätzt vier, fünf Milliarden Jahre, und dann wird die Sonne sich zum roten Riesen aufblähen, wie das in der Astronomie heißt, und die Erdumlaufbahn wird verschlungen in diesem Feuerball. »Milliarden Jahre«, könnte man wieder sagen, wieso trifft das uns? Ein wenig schon. Wer sich ausschließlich für diese Welt einsetzt - lobenswert natürlich, für die Erhaltung der Arten, für den Schutz der Denkmäler - dem muss man aber sagen: Letzten Endes - du kannst tun, was du willst -, letzten Endes bleibt von dem, worum du dich da kümmerst, Null und nichts. Wer seine Lebensinteressen nur auf diese Welt festmacht, lebt letzten Endes völlig vergeblich. Alle Appelle müssten diesen Vorbehalt dann haben: Kümmere dich darum, aber meine nicht, das sei wirklich letztentscheidend.
Wer n u r für diese Welt lebt - kurz gesagt -, lebt sinnlos. Denn wenn nichts übrig bleibt von dem, worum ich mich mühe, das wäre doch wohl eine Dokumentation von Unsinn und Sinnlosigkeit, sich dafür aufzureiben. Insofern kann uns diese Auskunft, die Auskunft, die Welt wird vergehen mit allem, schon treffen. Gemeint ist hier nur die Erde, aber das wäre ja nur die eine Seite, Untergang der »Welt« die andere.

Was heißt »Wiederkunft Jesu«?


Wenn generell, in allen möglichen Zusammenhängen, von einer »Bewegung Gottes« gesprochen wird, dann ist das ein unzutreffendes Bild. Schon Aristoteles - in diesem Punkt Vorläufer des Christentums - sagt: »Gott ist ein unbewegter Beweger«, er bewegt alles, aber sich selbst bewegt er nicht. Und das ist insofern richtig, weil es in Gott keine Veränderung gibt, weil nichts in ihm besser oder schlechter werden könnte. ER bleibt immer derselbe. Was heißt dann, ER wendet sich von uns ab, er zürnt? Oder »ER wendet uns sein Angesicht zu«, wie eine Segensformel heißt? Oder hier eben auch - Jesus wird kommen -, auch eben als Gott-Mensch. Nun, die Bewegung ist immer auf u n s e r e r Seite, natürlich von Gott gewährt und ermöglicht, aber:

Wenn wir Jesus begegnen, gehen w i r ihm entgegen.


Und können das dann auch (wenn zwei Dinge sich näher kommen, von der anderen Seite aus) so schildern, als ob Jesus kommt. Wir gehen Jesus entgegen. Und einmal endgültig, nämlich in unserem Tod. Das ist nun wiederum etwas, was j e d e r e r l e b e n wird. Man möchte sagen, im Unterschied zum Weltende. Aber das trügt. Wenn in der Lesung gesagt wird »beim Herrn sind tausend Jahre wie ein Tag und ein Tag wie tausend Jahre«, ist das ein Hinweis darauf (was dann schon kluge Theologen weit im ersten Jahrtausend des Christentums erläutert haben - Augustinus und Boetius), dass nämlich die Ewigkeit kein »früher« oder »später« kennt.

Ewigkeit ist nicht lange, die dauert gar nicht.


Es ist alles auf einmal, kein vor und nach, »wie hier im Zeitenreich« dichtet Angelus Silesius, er sagt: »Ewigkeit ist alles zugleich, kein vor und nach, wie hier im Zeitenreich.«

Sterben aber heißt, Eingehen in die Ewigkeit,


heißt eingehen in diesen konzentrierten Punkt, wo alles auf einmal ist. »Alles«, das heißt auch Weltende. Das wäre auch wieder ein nützlicher Gedanke: Wir erleben das Weltende, jeder von uns, wenn er stirbt. Seine Welt ist zu Ende. Und alles Kümmern, was dann sein wird, dazu könnte man wirklich sagen, überlasse es den Hinterbliebenen, deine Welt ist zu Ende.

Nun ist die Frage: Wie werde ich d a m i t fertig?


Und es wiederholt sich noch einmal: Wenn ich n u r für diese Welt gelebt habe, nur für meinen Ehrgeiz, für meine Gesundheit, für meinen Wohlstand (es gibt keine gesunden Leichen und auch keine reichen Leichen!), dann wird es sich zeigen, ob es sich gelohnt hat zu leben. Und es lohnt sich eben nicht, für pur Vergängliches; jedenfalls nicht letzten Endes. Wir müssen uns um diese Welt kümmern, um der Menschen willen - weil eben die Menschen nicht ganz und gar vergehen, weil die in die Ewigkeit eingehen, das ist bleibend! - und was ich für die tue, das ist nicht umsonst.
Dann aber die Frage, muss ich dem nicht doch mit Angst und Schrecken entgegengehen? Es gibt Leute, die sagen, ja gut, dass ich sterbe, das nehme ich hin. Aber »Weltende« möchte ich nicht erleben. Den Trost muss man ihnen nehmen, wir werden das Ende der Welt erleben im Sterben. Und »Jesus Christus begegnen, der Richter ist«, wie es heißt. Aber ist einer Richter, der sagt: »Ich bin n i c h t gekommen, die Welt zu richten, sondern um sie zu erlösen, zu retten«?
Richter wird er nur sein als Richtschnur, weil an ihm abzulesen ist, wie man hätte leben sollen. Und das freilich kann schmerzlich aufgehen, was wir alles versäumt und schief entschieden haben. Und deshalb gehört es zu unserem Bedenken, wie werde ich dem entgegentreten, der n i c h t kommen wird, um mich zu verurteilen, sondern um mir gleichsam den Spiegel vorzuhalten: So bist du!

Aber das Tröstliche ist gerade, dass er uns aufnehmen wird als Erlösender, als Liebender.


Es gibt ein eher pessimistisches Gedicht, altdeutsch:
»Ich komm, weiß nicht woher, ich geh, weiß nicht wohin. Mich wundert, dass ich fröhlich bin. «
»Ich geh, weiß nicht wohin«, wir wissen es: Wir gehen dem Herrn entgegen.
Und Paulus sagt generell zur Frage des Todes und des Sterbens, auch den trauernden Angehörigen:
»Wir werden immer beim Herrn sein, tröstet einander mit diesen Worten. « Amen.



http://www.st-michael-muenchen.de/




Pater Albert Keller SJ 2005




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