Saturday, August 11, 2012

TRANSCENDE ET TE IPSUM





 Foto: D.H.G. Segeln am Ammersee im August




 Raumdurchschreitung  am Ammersee




  Foto: D.H.G. Segeln am Ammersee im August





Innerlichkeit






Noli foras ire, in te ipsum redi;

in interiore homine habitat veritas.

Et si tuam naturam mutabilem inveneris,



transcende et te ipsum.


 Sed memento, cum te transcendis,

 ratiocinantem animam te transcendere.

 
Illuc ergo tende, undeipsum lumen rationis accenditur.

Quo enim pervenit omnis

 bonus ratiocinator nisi ad veritatem? ...


Confitere te non esse,

quod ipsa (sc. veritas) est – si quidem se ipsa non quaerit.

Tu autem ad eamquaerendo venisti non locorum spatio,

 sed mentis affectu, ut ipse interior homo cum suo

inhabitatore non infima et carnali, sed summa et spiritali 

voluptate conveniat

 (De vera religione 72)




AUGUSTINUS







Geh nicht nach außen, zu dir selbst kehre zurück; 

im inneren Menschen wohnt die Wahrheit.

Und wenn du deine Natur als veränderlich wahrnimmst,


 übersteige dich selbst.


Sei jedoch dessen eingedenk, dass du, wenn du dich übersteigst,

 deine der Vernunft mächtige Seele übersteigst. 

Dorthin also trachte, von wo das Licht deiner Vernunft sich entzündet. 

Denn wohin gelangt jeder, der seine Vernunft 

recht gebraucht, wenn nicht zur Wahrheit? ... 

Bekenne, dass du nicht bist, was sie (die Wahrheit) ist – 

sie hat es nämlich nicht nötig, sich selbst zu suchen.

 Du aber bist suchend zu ihr gelangt, 

zwar nicht Räume durchschreitend, 

sondern vom Verlangen des Geistes getrieben. 

So möge der innere Mensch mit ihr als sein Mitbewohner 

übereinstimmen – nicht in niederem und fleischlichem Genuss,

 sondern in höchstem und geistigem













  Foto: D.H.G. Segeln am Ammersee im August



  Foto: D.H.G. Segeln am Ammersee im August




  Foto: D.H.G. Segeln am Ammersee im August





Stufen


Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.



Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.


Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!



Herrmann Hesse






  Foto: D.H.G. Segeln am Ammersee im August



 Foto: D.H.G. Segeln am Ammersee im August






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